Auf der Suche nach dem Tweet für meinen heutigen #ImprogBlog scrollte ich durch meine Timeline und stolperte über diesen Tweet von t3n:
Wer traut sich? 🤣 pic.twitter.com/7g1hKKylbm
— t3n Magazin (@t3n) 25. Juli 2018
Im ersten Moment dachte ich: witzig! und scrollte weiter. Im nächsten Moment dachte ich: hm, kann man dazu was schreiben? und scrollte wieder hoch. Dann dachte ich: Nee, das ist nicht kontrovers, was soll man dazu schreiben? Und dann dachte ich: Na gut, ist ja schon mein dritter Versuch. Als Profi musst du auch in der Lage sein, kleine witzige, höchstwahrscheinlich gefakte Stories aus dem Alltag kontrovers zu diskutieren. Und los geht’s…
Nehmen wir doch einfach mal an, dass dieser Brief tatsächlich authentisch wäre. Was würde das eigentlich bedeuten? Die Annahme wäre in diesem Fall ja, dass die Arbeitnehmerin (ich kann die Unterschrift nicht entziffern, aber ich könnte mir gut vorstellen, dass das von einer sehr witzigen Familienmutter kommt, die auch bei Twitter sehr aktiv ist) im aktuellen Monat aus ihrer Sicht ihr eigenes Arbeitssoll entsprechend der vertraglich festgelegten Vereinbarung erfüllt hat.
Der Arbeitgeber hat eine bestimmte Menge an Arbeit festgelegt, die pro Monat erledigt werden sollte und dafür ein zu zahlendes Gehalt vereinbart. In einer Zeit, in der das Arbeitsaufkommen in immer mehr Berufen immer unregelmäßiger und entsprechend unvorhersehbarer wird, ist es eigentlich utopisch anzunehmen, dass jeden Monat genau gleich viel Arbeit anfällt. Das Projektgeschäft läuft so nicht. Mal gibt es sehr viel auf einmal zu tun. Da werden dann auch hier und da mal eine paar Nachtschichten mit Pizza und Club Mate im Büro geschoben (oder in der Klinik oder im Amt (Naja, nee, wohl nicht im Amt)). Und dann wieder gibt es Phasen, wo man auf Projekte wartet und daher eher mit Level 648 bei Candy Crash beschäftigt ist. Und warum auch nicht?
Warum müssen wir so tun, als ob Arbeit heutzutage noch genauso funktioniert wie vor 100 Jahren. Als einfach klar war, dass man jetzt die nächsten 36 Monate immer an den gleichen Fließbändern stehen wird um die immer gleichen Teile zu den immer gleichen Autos zusammenzustecken. Diese Zeiten sind (in den allermeisten Branchen heute oder in naher Zukunft) vorbei. Warum also nicht das Gehaltsmodell anpassen (zum Thema NewPay habe ich ja früher schonmal im Rahmen ein paar Gedanken zusammengetragen).
Was wäre also die Voraussetzung dafür, dass der oben abgebildete Brief eine legitime Grundlage hätte:
- Es wird ein monatliches Mindestgehalt definiert, welches eine bestimmtes Minimum an Leistung abdeckt
- Es wird definiert, wie diese Leistung gemessen wird (möglicherweise in Stunden, aber besser in konkreten Ergebnissen in Form von Wertschöpfung)
- Wenn die durch das Gehalt abgedeckte Leistung überschritten wird, kann relativ einfach zugebucht werden (also 80 Stunden pro Monat waren vereinbart, für den Abschluss des Projektes werden noch einmal 20 Stunden benötigt, dafür gibt es dann eine entsprechende „Bonuszahlung“)
Freelancer (Autoren, Filmschauspieler, Modells, Komponistinnen) arbeiten ja eigentlich tatsächlich genauso. Warum nicht auf die Angestelltenverhältnisse übertragen?
Vorteil für die Arbeitgeber: Sie haben weniger Fixkosten und dadurch ein geringeres Risiko in „Flautephasen“
Vorteil für die Arbeitnehmer: Wenn es weniger zu tun gibt, müssen sie ihre Zeit nicht absitzen sondern können diese anderweitig sinnvoll nutzen. Wenn es mehr zu tun gibt, dann können sie sich etwas dazu verdienen. Weniger Chancen für Bullshit Jobs.
Eigentlich keine schlechte Vorstellung. Also, bitte liebe t3n. Wenn ihr die Urheberin des Briefes kennt, findet doch einmal bitte heraus, ob sie in einem Unternehmen arbeitet, welches Interesse daran hätte, sich zukunftsfähig aufzustellen. Dann sollten sie das Angebot vielleicht annehmen…
Dieser Beitrag ist im Rahmen der #ImproBlog Challenge entstanden. Jeden Tag nehme ich mir einen Tweet vor und kommentiere diesen innerhalb von 10-15 Minuten (ja liebe #10minBlog Mitstreiter, ich brauche doch immer einen Moment länger habe ich gemerkt, aber im Herzen bin ich bei euch.) Wenn euch, liebe Leser, das Format gefällt: eine Liste mit allen anderen #10minBlog Twitteraccounts findet ihr hier.
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