Wie muss unsere Bildung aussehen, damit wir junge Menschen mit gutem Gewissen in eine zukünftige Gesellschaft entlassen, deren Umrisse wir schon jetzt schemenhaft erkennen können? Haben sie wirklich das Werkzeug von uns in die Hand bekommen, damit sie sich zukünftig zurechtfinden und sinnhaft leben können? Was sollte man den Kindern in der Schule beibringen in einer Zeit, wo man alles „Googlen“ kann? Und welche Rolle spielt dabei die Reformpädagogik?

Hier geht es also um die Frage nach dem Sinn in unseren Schulen. Es könnte helfen, in unseren Kindern intrinsische Interesse zu bewahren, sich mit den Zusammenhängen unserer Welt zu beschäftigen, weil wir es schafften Schulen in eine kindgerechte Welt zu verwandeln, in der es darum geht, gemeinsam eigene Geschichten zu entwickeln. Geschichten über die Welt, die Wünsche und die Erwartungen an das Leben. Ein Ort an dem Kinder sowohl Akteur als auch Drehbuchautor wären unterstützt von den Erwachsenen, die viel vom Glauben an ihre Geschichten verloren haben. Neulich hörte ich den Titel von Herbert Grönemeyer „Kinder an die Macht“. Ihr wollt wissen was Kreativität ist? Dann achtet einfach auf die ersten Zeilen der ersten Strophe.

Die Armeen aus Gummibärchen
die Panzer aus Marzipan
Kriege werden aufgegessen
einfacher Plan
kindlich genial

Ja, richtig. „Kindlich genial“. Wenn als Grundgedanke unseres Bildungssystems die Aufforderung gelten würde: „Helft den Kindern, selbst zu lernen und zu gestalten“, dann würden wir uns in die richtige Richtung bewegen.

Bekommt das zarte Pflänzchen der Reformpädagogik vom Staat zu wenig Wasser?

Leider schaffen das nur sehr wenige Schulen wirklich. Und meistens sind es die privaten Reformschulen, an denen Eltern für gute Bildung Geld zahlen. In einer Langzeitdoku hat Maria Knilli die Schüler einer Waldorfschule 8 Jahre lang begleitet. Der dabei entstandene Dreiteiler ist aktuell in der ARD Mediathek zu sehen. Hier erhält man einen sehr guten Einblick über die Ansätze der Waldorfschulen als eines von verschiedenen Konzepten der Reformpädogigk.

Aber da haben wir direkt ein neues Problem. Nämlich das der nicht gewehrten Chancengleichheit. Eltern, welche kein Geld für eine private Schule haben (in der Regel 70 €- 150 € pro Monat) können ihr Kind eben beispielsweise nicht auf eine Waldorf oder Montessori Schule schicken, selbst wenn sie es eigentlich wollten. Man könnte den Entscheidern in der Politik unterstellen, dass diese Chancenungleichheit Methode hat. Obwohl private Schulen mit reformpädagogischem Ansatz meist sehr effektiv und sinnstiftend arbeiten, werden sie zumindest finanziell den staatlichen Schulen nicht gleich gestellt. Ihnen wird dann auch noch vorgeworfen, sie wären Eliteschulen und würden sich nur für sozial gehobene Schichten interessieren. Man bekommt den Eindruck sie sind vom Staat eigentlich nicht gewollt oder zumindest nur geduldet. Die Schulen in freier Trägerschaft werden gezwungen, Schulgeld zu erheben, weil sie der Staat nur zu rund 70 Prozent fördert. Die fehlenden 30 Prozent müssen durch Elternbeiträge und zum Teil durch die Selbstausbeutung der Pädagogen erbracht werden. Gerade aber dieser Idealismus macht diese Pädagogen zu großartigen Partnern für die Kinder.

Ein Lösungsansatz – Gesunde Konkurrenz durch Gleichbehandlung

Privatschulen werden seit dem Jahr 2002 (neuere Zahlen liegen nicht vor) pro Schüler mit gut 3 800 Euro im Jahr gefördert. Staatliche Schulen bekommen offiziell dagegen im Jahr 4 900 € pro Kind. Aber neueste Erhebungen, wie beispielsweise die des Steinbeis-Transferzentrums für Wirtschafts- und Sozialmanagement Heidenheim zeigen, dass die Situation viel dramatischer ist. Danach weist die amtliche Statistik die Kosten je Schüler im staatlichen Bereich um etwa 1 600 €  jährlich zu niedrig aus, weil diese Statistik keine betriebswirtschaftliche Schulkostenberechnung enthält. Das würde bedeuten, dass die staatlichen Ausgaben für einen „öffentlichen Schüler“ im Schnitt sogar bei 6500 € pro Jahr lägen. Im Wettbewerb mit der staatlichen Konkurrenz sind die Privatschulen in Deutschland laut IW-Angaben daher umso stärker benachteiligt, weil sie nämlich pro Schüler gemessen an den zur Verfügung gestellten Staatsmitteln mit 2700 € im Jahr weniger auskommen müssen. Wenn die Bedingungen nicht so drastisch ungleich wären, könnte ein intensiver und fruchtbarer Wettbewerb das ganze System beleben.

Ich will an dieser Stelle kein schwarz-weiß-Bild malen. Sicher gibt es sehr gute staatliche Schulen und sicher gibt es zurecht auch Kritik an verschiedenen Ansätzen der Reformpädagogik. Das Problem dabei ist, wir können uns nur weiterentwickeln indem wir neue Methodiken auch in der Breite zulassen und unterstützen. Die Arbeitswelt, unsere Gesellschaft und unsere Werte werden einer immer schnelleren, immer stärkeren Transformation unterworfen. Gerade in private Schulen könnten neue Ideen und Ansätzen getestet werden, wie wir uns und unsere Kinder schneller und besser auf die wachsenden Anforderungen der digitalen Transformation vorbereiten.

Das Beste kommt zum Schluss

Eltern könnten ihre Kinder auf die für sie vielversprechendste Schule schicken ohne dafür zur Kasse gebeten zu werden. Auf der anderen Seite würden durch sinnvolle Bildung wahrscheinlich mehr Jugendliche wieder am gesellschaftlichen Leben teilnehmen und versuchen etwas mitzugestalten, weil sie einen Lebenssinn sähen. Laut einer Studie des Bundesamtes für Arbeit ist die Zahl der Leistungsempfänger von Arbeitslosengeld II seit 2016 von 4.311.782 bis 2017 um 101.252 auf 4.413.034 Menschen gestiegen und das Jahr ist noch nicht zu Ende. Für jeden einzelnen Jugendlichen den wir dazu bringen sich konstruktiv in die Gemeinschaft einzubringen, müsste der Staat keine monatlichen Strafzahlung für verwehrte Chancengleichheit in Form von Hartz IV als Sozialausgleich zahlen. Glaubt mir, damit könnte der Staat reich werden!

Die mathematische Sachaufgabe in unserem speziellen Fall lautet: „Der Staat wendet pro Jahr ca.10.000 € (wahrscheinlich mehr) für einen Hartz VI. Empfänger auf. Welchen Gewinn hätte unser Land, wenn allein die 101.252 Menschen im Jahr 2017 keinen Sozialhilfe (Hartz VI) Antrag gestellt hätten?

Richtig: „1.012.520.000 €“ … und wahrscheinlich viele glücklichere Menschen.

Und was soll ich da jetzt machen?

Es ist eigentlich immer das gleiche Spiel. Wir erwarten so viel von den politischen Entscheidern und werden Jahr um Jahr aufs Neue enttäuscht. Leider ist dies ein Problem unserer Umgangskultur. Man kann es den Jungs und dem Mädel da oben gar nicht einmal Übel nehmen. Wenn sich ein Politiker nämlich aus der Deckung wagt, wird er von den Medien quasi standrechtlich erschossen und jeder will ja weiter leben. Niemand darf mehr einen Fehler machen, sonst ist er weg.  Es sei denn es steht eine große Wahl an, da wird man ein wenig mutiger um sich in Stellung zu bringen. Na klickt es?

Es gibt eine neue zukunftsoriente und innovative Partei. Sie heißt „Demokratie in Bewegung“ und wird im September auf dem Wahlzettel stehen. Wir haben über sie in unserem Blog wertneutral berichtet. Ein wichtiges Anliegen ist es der DiB, das Bildungssystem in Deutschland zu reformieren und zu stärken. Vielleicht wäre es eine Möglichkeit, wenn nicht die „alten Parteien“ diesmal die Chance bekommen, sondern eine neue Partei, die vielleicht wirklich ein paar Dinge anders angeht und ein wenig Sauerstoff in den Sumpf der Parteienlandschaft läßt. Disruption in der Politik, dass wäre doch cool, oder? Schlimmstenfalls bleibt alles wie es ist. Dann hat es eben nicht funktioniert. Aber nur daraus könnten wir lernen und etwas Neues ausprobieren und weiterentwickeln. Und darum geht es doch hier. Versuch und Irrtum. Also lasst uns wieder Fehler machen dürfen. Lasst uns mal was Neues probieren.

 

Schulen im Wettbewerb – Privat versus Staat
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